Kombination von Ausbildung und Hochschulreife – das duale Fachabitur
Aktuell werden auf Initiative des Zentralverbandes des deutschen Handwerks Diskussionen zur Einführung eines bundesweiten dualen Gymnasiums geführt, das mit Abitur und Gesellenbrief abschließt und berufliche Perspektiven für einen Berufseinstieg, anschließenden Meisterbrief oder ein akademisches Hochschulstudium ermöglicht. Bevor jedoch die Kultusministerkonferenz eine Entscheidung zu neuen Strukturen trifft, sind Argumente und Bedarfe bei den Kammern (HWK und IHK) zu ermitteln.
Auf ähnlicher Ebene ist das duale Fachabitur bzw. die duale Berufsausbildung mit Fachhochschulreife angesiedelt, bei dem besonders leistungsstarke und leistungsbereite Jugendliche ausbildungsbegleitend eine Qualifizierung zur Fachhochschulreife erwerben und damit „2 Fliegen mit einer Klappe schlagen“ können.
Das duale Fachabitur wurde in einigen Bundesländern wie Hamburg (Dual Plus), Bayern (DBFH) oder Baden-Württemberg in den letzten Jahren als Pilotprojekt bzw. Schulversuch getestet und trägt dazu bei, bereits während der Berufsausbildung einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen.
Mit dieser Zusatzausbildung haben Berufseinsteiger berechtigte Chancen für einen aussichtsreichen Start in berufliche Beschäftigungsverhältnisse oder ein weiterführendes akademisches Studium.
Ein duales Fachabitur ist derzeit (noch) nicht in allen Berufen möglich, beispielsweise aber in Abhängigkeit vom jeweiligen Profil der Berufsschule oder kooperierenden Unternehmen in den Bereichen
- Elektrotechnik (z. B. Elektroniker für Automatisierungstechnik),
- Metalltechnik (z. B. Industriemechaniker, Kfz-Mechatroniker),
- Wirtschaft / Verwaltung (z. B. Bankkaufmann, Industriekaufmann),
- Informationstechnik (z. B. Fachinformatiker Anwendungsentwicklung ),
- Gestaltung / Kreativität (z. B. Gestaltungstechnischer Assistent),
- Sozialpädagogik / Sozialwesen (z.B. Staatlich anerkannter Erzieher),
- Gesundheitswesen (z. B. Gesundheits- und Krankenpfleger) oder
- Landwirtschaft (z. B. Landwirt).
Voraussetzungen für die Aufnahme in einen Bildungsgang zum dualen Fachabitur
Um einen Bildungsweg zum dualen Fachabitur einschlagen zu können, werden
- ein Ausbildungsvertrag mit einem am Programm beteiligten Unternehmen (z. B. Bayern) oder eine mindestens 3-jährige Regelausbildungszeit (z. B. Hamburg),
- ein mit guten Leistungen erlangter mittlerer Schulabschluss (Realschule) und mindestens Note 3 in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch,
- Leistungs- und Teamfähigkeit sowie Eigeninitiative
vorausgesetzt.
Das duale Fachabitur können Sie in einem Zeitraum von 2,5 bis 3 Jahren erlangen. Damit sparen Sie im Vergleich zum herkömmlichen Bildungsweg zur Fachhochschulreife durch vernetzte Arbeitsstrukturen und abgestimmte Ausbildungsinhalte der beteiligten Bildungsträger ein Jahr ein.
Ausbildungsverlauf und Prüfungen
Die Auszubildenden besuchen schon während ihrer Berufsausbildung an 2 Tagen pro Woche – außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit und als Zusatzunterricht – die Fachoberschule / Berufsoberschule (FOS / BOS) oder Berufsschule / Berufskolleg und sind 3 Tage im Unternehmen tätig.
Der Unterricht findet entsprechend des Angebots der beteiligten Schulen entweder an Abenden, am Wochenende oder in einer Kombination von Abenden und Wochenenden statt und umfasst zwischen 600 und 640 Unterrichtsstunden.
An die auf 2,5 Jahre verkürzte Berufsausbildung schließen die Interessenten zum Erwerb der Fachhochschulreife noch ein halbes Jahr Unterricht (Vollzeit) an der FOS / BOS oder am Berufskolleg an.
Die Ausbildung mit einem doppelqualifizierenden Abschluss führt dazu, dass auch die Prüfungen in 2 voneinander getrennten Bereichen zu absolvieren sind:
- Prüfungen im dualen System: Während der dualen Ausbildung nehmen die Azubis an der Zwischenprüfung sowie am Ausbildungsende nach 2,5 Jahren an der Abschlussprüfung der regional zuständigen Industrie- und Handwerkskammern teil.
- Prüfung zum Erwerb der Fachhochschulreife (Fachabitur) an Fachoberschulen / Berufsoberschulen oder Berufsschulen / Berufskolleg in berufsbezogenen und berufsübergreifenden Fächern.
Förderung des dualen Fachabiturs
Sofern Sie im Rahmen einer dualen Ausbildung den Erwerb eines Berufsabschlusses und der Fachhochschule kombinieren, haben Sie in der Regel wegen der Ausbildungsvergütung keinen Anspruch auf Schüler-BAföG oder sonstige Förderungen.
Erfahrungen und Perspektiven
Mit der Kombination von Berufsausbildung und Fachhochschulreife sichern sich namhafte Unternehmen wie BMW oder Audi bereits jetzt ihren Facharbeiter- und Führungskräftenachwuchs, da die Auszubildenden im Vergleich zu einer rein schulischen Ausbildung bereits im Unternehmen verankert werden, Betriebsabläufe kennenlernen, Netzwerke nutzen, Vor- und Grundpraktika oder Ferienarbeit absolvieren.
Neben den Vorteilen, die die Auszubildenden im Rahmen des dualen Fachabiturs haben, profitieren auch die beteiligten Unternehmen durch ihr Image als leistungsstarke und dynamische Ausbildungsbetriebe.
Sehr positiven Erfahrungen zeigen sich zudem bei der Auswertung der bisherigen Prüfungsergebnisse, bei dem die Auszubildenden im dualen Fachabitur überdurchschnittliche Leistungen erreicht haben. Damit wären die ersten „Dafür“-Argumente für die bundesweite Einführung eines dualen Gymnasiums bereits gesammelt.
Tipp für alle Interessenten, die jetzt Feuer gefangen haben: Das duale Fachabitur ist sehr anspruchsvoll und erfordert „den ganzen Kerl“, aber es lohnt sich!
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