Abitur mit dem Begabtenabitur nachholen
Die Begabtenprüfung ermöglicht besonders befähigten Bewerbern mit abgeschlossener Berufsausbildung und Berufspraxis den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife auf dem Zweiten Bildungsweg und damit den uneingeschränkten Zugang zu einem Hochschulstudium.
Die Begabtenprüfung basiert nicht auf einem schulischen Bildungsgang zum Abitur nachholen, sondern umfasst allein die Abiturprüfung – daher auch der Name Nichtschüler-, Schulfremden- oder Externenprüfung.
Die Vorbereitung auf die Prüfung für den Erwerb des Begabtenabiturs erfolgt autodidaktisch und ist den Bewerbern selbst überlassen. Allerdings können externe Anbieter wie Abendschulen, Volkshochschulen, Fernschulen oder private Bildungsträger die Abiturienten bei ihrer Prüfungsvorbereitung unterstützen.
Die Hauptschwierigkeit beim Begabtenabitur besteht oft darin, dass sich Bewerber nach abgeschlossener Berufsausbildung und mehrjähriger Berufspraxis überhaupt für das Absolvieren der Nichtschülerprüfung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife entscheiden.
Das Abitur über die Schulfremdenprüfung nachzuholen, erfordert zweifelsfrei Selbstinitiative und erheblichen Lernaufwand. Dennoch liegen die Vorteile des Begabtenabiturs klar auf der Hand:
- Die allgemeine Hochschulreife ist nicht fachgebunden, obwohl die Bewerber u. a. ein wissenschaftliches Fach wählen können, das sie besonders interessiert.
- Die Prüfung erfolgt nur in einer Fremdsprache.
- Das Abitur kann in wesentlich kürzerer Zeit erworben werden als bei anderen Möglichkeiten des Zweiten Bildungsweges.
Das Begabtenabitur ist in allen Bundesländern anerkannt und jeder in einer anderen Form erworbenen Allgemeinen Hochschulreife gleichwertig.
PRAXISTIPP! Bei einer nicht bestandenen Nichtschülerabiturprüfung ist die Wiederholung erst nach einem Jahr möglich. Dabei werden die erreichten Leistungen des ersten Versuchs nicht anerkannt. Die Zulassung zur Wiederholungsprüfung ist erneut zu beantragen.
Sonderregelungen gelten z. B. bei Erkrankung oder unverschuldeten Versäumnissen.
Zielgruppe für die Nichtschülerprüfung
Die Nichtschülerprüfung zum Erwerb des Abiturs ist insbesondere für Personen gedacht, die durch ihre Vorbildung, Begabung und Persönlichkeit für ein akademisches Studium geeignet sind, aber wegen ihrer persönlichen Entwicklung bisher keinen schulischen Bildungsweg bis zur Hochschulreifeprüfung absolvieren konnten und für die ein üblicher Schulbesuch oder die Ablegung der Externenprüfung nicht zumutbar ist.
Voraussetzungen für das Begabtenabitur
Um für das Abitur für besonders befähigte Berufstätige zugelassen zu werden, sind neben einer vielseitigen Allgemeinbildung, studienrelevanten Kenntnissen und einer besonderen Begabung folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- abgeschlossene Berufsausbildung und eine mindestens fünfjährige Berufstätigkeit,
- Lebensalter von mindestens 25 Jahren,
- Hauptwohnsitz im Bundesland, in dem das Begabtenabitur abgelegt werden soll.
Keine Zulassung zur Prüfung erhalten diejenigen, die
- bereits erfolgslos versucht haben, die Fachhochschulreife oder das Abitur zu erlangen,
- bereits zweimal die Begabtenprüfung nicht bestanden haben,
- das Abitur durch eine Ergänzungsprüfung erlangen können,
- bereits zu einer anderen Prüfung zum Erwerb des Fachabiturs oder des Abiturs angemeldet sind,
- im laufenden oder vergangenen Schuljahr eine Schule besucht oder besucht haben, an der die allgemeine Hochschulreife oder die Fachhochschulreife erworben werden kann.
Bewerbung für die Nichtschülerprüfung
Für die Zulassung zum Begabtenabitur sind neben einem fristgerechten förmlichen Antrag beim jeweils zuständigen Schulamt oder Kultusministerium – in der Regel bis zum 1. Oktober des Vorjahres – folgende Unterlagen einzureichen:
- Lebenslauf mit aussagekräftigen Angaben über den bisherigen Bildungsweg, die ausgeübte Berufstätigkeit bzw. wissenschaftliche Tätigkeit sowie das angestrebte Berufsziel,
- Originale oder beglaubigte Abschrift aller Schulabgangszeugnisse,
- Nachweise über Berufsausbildung und berufliche Leistungen,
- Angaben über das gewählte wissenschaftliche Fachgebiet, die Schwerpunktgebiete in den einzelnen Fächern und das gewünschte akademische Studium,
- eine Versicherung, dass der Bewerber bisher weder an einer regulären Abiturprüfung, einer Abiturprüfung für Schulfremde, einer Prüfung für die Zulassung zum Hochschulstudium ohne Reifezeugnis noch einer Prüfung zum Erwerb der Fachhochschulreife teilgenommen hat,
- ein Passbild.
Verlauf der Schulfremdenprüfung
Die Prüfungsanforderungen bei der Nichtschülerprüfung entsprechen weitgehend den Anforderungen der allgemein bildenden Gymnasien.
Die Prüfungen finden in festgelegten Schulen des jeweiligen Bundeslandes statt und bestehen aus einem schriftlichen und mündlichen Teil. Unter den Prüfungsfächern müssen neben Deutsch, Mathematik, Geschichte oder einem anderen gesellschaftswissenschaftlichem Fach zudem eine Naturwissenschaft und zwei Fremdsprachen sein.
Die schriftliche Prüfung umfasst landeseinheitlich gestellte Aufgaben in vier Fächern, die an die verbindlichen Vorgaben der aktuellen Lehrpläne für die gymnasiale Oberstufe anknüpfen und zwar
- in einem von den Bewerbern gewähltem wissenschaftlichen Fachgebiet,
- Deutsch sowie
- Mathematik oder eine Fremdsprache.
Nach dem Bestehen des schriftlichen Prüfungsteils folgt die mündliche Prüfung, die vier Fächer beinhaltet, die nicht Gegenstand der schriftlichen Prüfung waren und zwar
- das gewählte wissenschaftliche Fachgebiet,
- Mathematik, sofern eine Fremdsprache schriftlich geprüft wurde oder eine Fremdsprache, wenn Mathematik schriftlich geprüft wurde und
- auf ein Fach aus der Fächergruppe 1 (Physik, Chemie, Biologie) oder auf ein Fach aus der Fächergruppe 2 (Geschichte, Erdkunde).
Für das Bestehen des Begabtenabiturs müssen die Bewerber im schriftlichen und im mündlichen Prüfungsteil in jedem Fach mindestens fünf Punkte erreichen. Nach bestandener Prüfung erkennt das zuständige Kultusministerium die allgemeine Hochschulreife zu.
Dauer
Für den Erwerb des Begabtenabiturs finden mindestens einmal jährlich Prüfungen statt, die meist zeitgleich mit den Prüfungen an öffentlichen Gymnasien liegen.
Die schriftlichen Prüfungen im wissenschaftlichen Fachgebiet und in Deutsch dauern in der Regel je 5 Stunden, die Fremdsprache und Mathematik je 3 Stunden. Bei den mündlichen Prüfungen ist eine Dauer von mindestens 20, höchstens 30 Minuten festgelegt.
Nachholen der Fachhochschulreife mit der Externenprüfung
Bewerbern, die die Prüfung zum Erwerb des Abiturs nicht bestehen, kann nach Entscheidung der Bundesländer der schulische Teil der Fachhochschulreife anerkannt werden, wenn sie in der Prüfung in sieben Fächern, darunter Deutsch, Mathematik, je eine Fremdsprache, Naturwissenschaft und Geschichte oder ein anderes gesellschaftswissenschaftliches Fach eine festgelegte Mindestpunktzahl erreichen.
Nichtsdestotrotz ist zum Erwerb der „vollen“ Fachhochschulreife auch der berufsbezogene Teil nachzuweisen.
Kosten für das Nichtschülerabitur
Für das Ablegen der staatlichen Prüfung für Nichtschüler fallen Prüfungsgebühren an. Auch für Vorbereitungskurse an Volkshochschulen sowie Studiengänge an Fernschulen oder bei privaten Bildungsanbietern sind Teilnehmer- bzw. Lehrgangsgebühren zu zahlen.
Zuschüsse für das Begabtenabitur
Für das Absolvieren von Vorbereitungskursen oder Fernlehrgängen haben die Bewerber bei Erfüllung der Voraussetzungen einen Anspruch auf Zuschüsse wie elternunabhängiges BAföG. Die Fahrten z. B. zur Volkshochschule oder Abendschule sowie zu Präsenztagen bei Fernstudien für die zielgerichtete Prüfungsvorbereitung sind steuerlich absetzbar.
Schulen für die Externenprüfung finden
Begabtenprüfungen sind gegenwärtig in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein möglich.
Das jeweils zuständige Schulamt bestimmt in der Regel im Einvernehmen mit dem für Schulfragen zuständigen Ministerium über ein oder mehrere Schulen, an denen die Externenprüfung absolviert werden kann.
Gut zu wissen
Externenprüfungen sind nicht nur für den Erwerb des Abiturs, sondern ebenso für Abschlüsse allgemeinbildender (Haupt- und Realschule) und beruflicher Schulen (z. B. Assistenzberufe, Staatlich anerkannter Erzieher, Fachhochschulreife) möglich.
FAZIT:
Leistungsstarke Bewerber mit abgeschlossener Berufsausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung können mit dem Begabtenabitur in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum die allgemeine Hochschulreife erwerben. Der Weiterbildungszeitraum kann sich allerdings erheblich verlängern, wenn für die Prüfungsvorbereitung Kurse oder Fernstudien notwendig sind.